Der Begriff Unierte Kirche bezeichnet die aus der Vereinigung (Union) verschiedener protestantischer Konfessionen hervorgegangenen Kirchen.
Der lutherische und der reformierte oder calvinistische Zweig der Reformation entstanden unabhängig voneinander in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Versuche, die beiden Zweige zu vereinen, scheiterten insbesondere wegen unterschiedlicher theologischer Auffassungen. In den folgenden beiden Jahrhunderten traten hin und wieder einzelne Theologen beider Kirchen für eine Annäherung oder gar Vereinigung der beiden Richtungen der Reformation ein, was aber von den jeweils dominierenden Strömungen der calvinistischen bzw. lutherischen Orthodoxie strikt abgelehnt wurde. Im Laufe des 18. Jahrhunderts, bedingt durch alternative philosophische Ansätze im Zeitalter der Aufklärung, verflachten diese theologischen Unterschiede. Durch die napoleonischen Kriege verursachte wirtschaftliche Schwierigkeiten ließen die theologischen Differenzen endgültig in den Hintergrund und die möglichen Synergieeffekte einer Vereinigung in den Vordergrund treten. So kam es am Anfang des 19. Jahrhunderts in einigen Gebieten Deutschlands, in denen die beiden protestantischen Konfessionen bis dahin parallel existiert hatten, zu Kirchenunionen.
In manchen Fällen ging die Initiative von der staatlichen Obrigkeit aus, in anderen Fällen kam es auch zu einer Vereinigung der Kirchen von unten.
Ohne die Traditionsgrenzen zu verwischen, ist eine Überwindung der gegenseitigen konfessionellen Verwerfungen zwischen Reformierten und Lutheranern immer ein besonderes Anliegen der unierten Kirchen gewesen. Das schließt auch ein besonderes Interesse am ökumenischen Dialog ein.
Bei den hier beschriebenen Unionen unterscheidet man zwischen einer Verwaltungsunion und einer Bekenntnisunion. Es handelt sich um eine Verwaltungsunion, wenn nur die Kirchenverwaltungen vereinigt werden, die einzelnen Gemeinden aber ihre unterschiedlichen Bekenntnisse (lutherisch, reformiert oder uniert) behalten.
Auch außerhalb Deutschlands gibt es unierte Kirchen. Neben rein organisatorischen Verwaltungsunionen wie der Evangelischen Kirche A. u. H. B. in Österreich gibt es auch wirkliche Bekenntnisunionen, so etwa die United Church of Christ in den USA oder die United Church of Canada.
Auf dem indischen Subkontinent gibt es vier unierte Kirchen, die sowohl der Anglikanischen Kirchengemeinschaft als auch dem Weltrat methodistischer Kirchen angehören: die Church of South India, Church of Pakistan, Church of Bangladesh und die Church of North India. Diese vier Kirchen bestehen aus Presbyterianern, Methodisten und Anglikanern und vereinigten sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Im ökumenischen Sprachgebrauch ist zwischen „united“ und „uniting“ zu unterscheiden. Die „united“ churches sind bereits vereinigt, die „uniting“ churches befinden sich in der Regel noch im Vereinigungsprozess (ausgenommen z. B. die Uniting Church in Australia).
Quellen
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